Freitag, 5. Januar 2018

Die Sonnenstube der Schweiz unter einer dicken Schneeschicht

Unsere Weihnachtsferien 2017/18 im Tessin

Noch vor dem neuen Schnee ist das Einräumen geschafft.
Oh, wir freuen uns. Es soll nach Tenero gehen in den Weihnachtsferien, Sonne tanken! Wir können sogar einen Tag früher fahren, weil unser reservierter Platz frei ist. Da Sonntag ist, sind nur wenige Autos in Richtung Süd unterwegs. In zweieinviertel Stunden sind wir auf dem Platz. Ein bisschen Klönschnack mit André und dazwischen mal die Unterlagsfolie fürs Vorzelt zum Büssli auf den Schnee gelegt. Der ist ziemlich festgefroren und liegt vor allem knapp zwanzig Zentimeter hoch. Die erste richtige Eislauf-Pirouette mit abgestopptem Salto festigt unseren Entschluss: Wir versuchen einen Bungalow zu mieten, denn wir haben wenig Sinn in gebrochene Glieder.


Ob wir die Fahrräder überhaupt benützen können?

Nicht so viel Neuschnee.

Oder doch?

Unter neuesten Informationen wird es rasch vierzehn Uhr und wir marschieren Richtung nun geöffneter Rezeption. Ein bisschen Hin- und Her-Diskutieren unter den Zuständigen bringt bis zum 31. Dezember die Perle unter den Häuschen „La Perla“. Glücklich räumen wir ein und inspizieren unser zeitweiliges Zuhause. Alles da. Ein Willkommens-Apéro mit Panettone und sogar ein Aussenherd auf der Terrasse.

Nach dem Einkaufen im am Heiligen Abend geöffneten Coop-Center treffen wir uns mit André, Melanie und Gerry im neuen Aufenthaltsraum in der Villa. Das Cheminée ist eingeheizt, Gläser aus der Perla zu einem Wein aus der Villa sind rasch beschafft und René geniesst ein Stück von Melanies ausgezeichnetem Kuchen. Sogar der wie ein Kino eingerichteter Fernsehraum steht den Campern in der Villa zur Verfügung. Nachdem wir bekräftigt haben, an der Schifffahrt auf dem Lago Maggiore teilzunehmen, treffen wir individuell unsere Vorbereitungen fürs Nachtessen, wofür wir uns alle im „Al Fienile“ wieder begegnen. Zu den vorher Genannten gesellt sich Christa vom Nachbar-Campingplatz „Rivabella“. Sie wird später in die Mitternachtsmesse gehen, während wir früh in die Kojen fallen. Im vergangenen Jahr war sie die Einzige, die, wie Marlies, auch im See schwamm.

Es schneit.

Der Weihnachtsvormittag bringt Erwin und Heidi mit Nero. Wir haben uns sehr auf sie gefreut. René bereitet ein Begrüssungs-Fondue und wir tauschen aus über die Zeiten, in welchen wir uns nicht gesehen haben.

Der 26. bringt graues, eisiges Wetter. Spazieren ist Schlittschuhlaufen. Die Schifffahrt auf dem Katamaran ist verschoben, denn der Skipper kann das Deck nicht dauerhaft enteisen. Ein weiteres Nachtessen geniesst die Perla-Besatzung im Fienile. Wir können endlich Alessio zur Geburt seines Töchterchens und zu seiner neuen Rolle als Familienvater gratulieren.

Es schneit. 

Wir organisieren ein weiteres Häuschen und müssen nur die Sylvester-Nacht im Büssli verbringen. Das Gepäck wird dann draussen, eingewickelt in die Bodenfolie, übernachten, damit drin genügend Platz ist zum Schlafen.


Freundliche Weihnachtsbeleuchtung.

Gekocht wird draussen.

Das Wetter ist so unsichtig, dass der Segeltörn ein weiteres Mal verschoben wird. Der 28. schliesslich bringt immerhin Sonne, wenn auch wenig Wind. So geht es mit dem Katamaran-Segler dem Ufer entlang auf dem Lago Maggiore von Tenero über Minusio, Locarno, die Maggia-Mündung, Ascona, Brissago und entlang des linken Ufers vorbei an der Ticino- und Verzasca-Mündung zurück nach Tenero. Auch unter Motor bietet der See eine einmalige Sicht in die verschneiten Berge und den weiten Lago. Wie wir an Bord und wieder an Land kamen, ist vermutlich ebenso einmalig, wie die Aussicht über den See: Eine Bockleiter mit acht Tritten ist auf dem weit unter dem Steg liegenden Deck festgebunden. Der Skipper steht felsenfest auf der Gangway, welche uns vom Steg zur Leiter führt: als Gegengewicht, meint er. Nach dem kurzen Staunen wird das Manöver klar. Im Winter wird das Wasser extrem stark für den Trinkwasserbedarf abgelassen, sodass der Seespiegel um rund anderthalb Meter sinkt, was der feste Schiffsteg logischerweise nicht mitmacht.


Durch den Schnee ins Wasser?

Nachmittags steht der Katamaran bereit.

Ein Pärchen marschierte zur falschen Anlegestelle.



Am nächsten Morgen lesen wir, dass der Campingplatz Miralago den Gästen erneut einen Törn anbietet. Diesmal zum Feuerwerk in Ascona, das immer erst am Neujahrstag stattfindet. Grossartig, was sie sich für ihre Gäste ausdenken!

Langsam, aber sicher beginnen alle, sich mit dem vielen Schnee zu arrangieren. Heidi hat es sogar erreicht, dass am Strand der alte Grill und ein Holzstapel deponiert werden. So treffen sich am offenen Feuer wieder alle Engagierten zu einem Austausch über ihre Camper-Abenteuer im 2017.
Klönschnack am Grill.

Hübsche Beleuchtung.
















Am Morgen des 31. mit der Frage nach dem Auschecken entdecken die Platzleiter, dass wir ab jetzt den Nachbarbungalow haben können, statt erst vom Neujahr an den Vordersten. Glücklich packen wir und beginnen umzuziehen. Da erkundigt sich der eine Platzchef, ob wir schon umgezogen seien. Ja, ja, hier sei der Schlüssel, wir müssen nur noch den Rest holen. - Oh, er habe gerade die Absage der Perlen-Reservation erhalten, wir können bleiben. Und er trägt uns die schon verfrachteten Gepäckstücke wieder zurück. Mit strahlend sauberer Wäsche und neuer Kenntnis unserer Vorräte räumen wir wieder ein.

Die Reservation des Sylvesteressens im Fienile hat geklappt. Nun ist die ganze Familie anwesend. Während die Grosseltern aufs Baby aufpassen, begrüsst Melanie mit Alessio und ihrer Truppe die Gäste zum Festtagsmenue mit einem Cüpli und wir gratulieren auch ihr zum süssen Nachwuchs und wünschen der jungen Familie alles Gute.

Reini und Inge, deren Nordlandreise-Camper-Blog wir von der BonBini aus folgten, und welchen wir auch in Rappi nach der Klausfahrt begegneten, setzen sich zu uns. Hinter unserem Rücken feiert Werner, ebenfalls in Rappi getroffen und hier vor seinem Camper wiedergesehen, mit seiner Frau.

Punkt Mitternacht wird unter Hochgehen der Tischbomben auf ein glückliches neues Jahr angestossen. Danach suchen die einen ihre Koje auf, während die anderen am Strand-Feuer noch ein bisschen weiterfeiern.

Das Neujahr weckt grau, aber mit froher Aussicht auf die Feuerwerksfahrt am Abend auf dem Katamaran in Ascona. Wir geniessen das Feuerwerk enorm, denn es wird eine halbe Stunde lang Figur um Figur auf den Himmel gezaubert, die wir vom Boot aus natürlich vollständig ungehindert bestaunen können. Unser Zwischenapplaus kommt vom Schiffshorn, mit zusätzlicher Standing Ovation nach dem Schlussbouquet.


Die Brüder am Bug.

Frohes Neujahr!





Auch diesmal unter Motor.

Reicht der Anker mit seiner Leine?




Auch nachts bietet der See überraschende Einblicke in die Täler rund um sein Ufer, sei es, weil es hinter den Städtchen einfach dunkel ist. Nur vereinzelte Lichter weisen auf ein bewohntes Gebäude im Hintergrund. Der Supermond hat uns, das letzte Mal für 17 Jahre, hinter der Wolkendecke zugezwinkert.

Ein gutes Vorzeichen, dass das neue Jahr gleich mit einem Törn auf dem Lago Maggiore beginnt?




Der 2. Januar schickt warmes, sonniges Wetter, das wir einerseits wieder bei Heidi und Erwin geniessen und andererseits mit einem Tischgrill auf unserer Terrasse abschliessen. Zum Glück haben diverse Camper bereits ihr Vorzelt und die Bodenplachen weggeräumt, denn vom 3. Januar an übernimmt am Lago Dauerregen das Szepter, während über die restliche Schweiz und den Norden der Orkan Burglind unter Spuren der Verwüstung hinwegfegt. Die Arche in Urk, NL, reisst sich los und zerquetscht einen Steg mit den daran liegenden Booten. Ernsthaft verletzt wird niemand. Aus dem Museumsboot können die Menschen und später auch die noch darauf verbliebenen Tiere evakuiert werden. Über den Zürichsee fegt Burglind mit 151 kmh. Bäume, Ziegel, umgestürzte Autos, Überschwemmungen ergänzen die Informationen.


Die Arche quetscht sich auf den Bootssteg (Webcam Urk).

Manuela hat heute keinen Fahrdienst.


Wie wir am 4. Januar hören, ist dieses Driften der Arche in Urk nicht das erste Mal. Schon in Oslo beschädigte sie ein Schiff der Küstenwache und holte sich selber eine Havarie durch Driften im Hafen. Aber auch in Urk riss sie sich bereits einmal los und einen Poller aus der Mole. Zum Glück ist Christians und Marions „Nexus“ offenbar nichts passiert.

Diverse Abschluss-Schleusen gegen die Nordsee werden in Holland geschlossen, um weiteren Überschwemmungen während der Springtide unter Westwind vorzubeugen.

Frank van Zwol (www.wilderness-effect.nl ), Abenteurer und Autor mehrerer Polit-Thriller, schreibt, wir könnten von Glück sprechen, dass unser Boot in einer Halle sei, denn an Hollands Küste rase der Sturm mit 10 Beaufort.

Vor einigen Tagen gelang einem Passagierschiff im Helgoländer Südhafen ein ähnlicher Coup. Durch Manövrier-Probleme geriet es rückwärts auf den Mittelsteg, dessen hinterste beiden Teile es mitsamt den Pfosten wegriss und danach auf den Schwimmsteg an der Ostmole zu driftete, wo es mehrere Segelboote beschädigte. Auch hier scheinbar keine Verletzten.

Erwin hat offenbar genug von all diesem Wetter und macht sich an seinem 59. auf den Heimweg. Der 59er wird 59! Wir gratulieren ganz herzlich und wünschen eine gute Heimfahrt. Heidi hätte im Aufenthaltsraum einen Empfang mit Wein und Pizza geplant gehabt, aber so wäre es kein Genuss mehr hier.

Es ist nun absolut trostlos auf dem Campingplatz. Auch Reini und Inge fahren los, die Welschen sind gegangen, Werner ist gestartet. André und Katja, Melanie und Gerry sowie Walti und seine Frau sind zusammen mit uns die „Letzten Mohikaner“ im Regen.

Wie wir gerade noch hören, ist die Gotthard-Route für Lastwagen und die Axenstrasse ganz gesperrt. Zudem schneit es in höheren Lagen stark, auch  auf der Nordseite.

Wir selbst wollen im Fienile bei einem leckeren Abendessen noch unseren Ferienabschluss begehen, bevor wir morgen den Campingplatz Miralago und das Tessin ebenfalls seinem Schicksal überlassen.

Nach einer recht kleinen Verabschiedungstour nehmen wir am Vormittag des 5. Januar den Heimweg unter die Räder. Die Strassen sind schneefrei und trocken, obwohl der Unterschied zwischen der Leventina und Uri sich ganz deutlich zeigt. Dicker Schnee im Süden, alles weggeblasen im Norden und die Axenstrasse bleibt noch gesperrt. Man sieht den Hangrutsch recht gut von der anderen Seeseite aus. Über den Hirzel und auf der Zugerstrasse sind alle geknickten und durch Burglind gefällten Bäume sicher von der Strasse weggeschafft.


Die Sonne scheint fast und 11 Grad Celsius lassen zuhause den Frühling spüren.