Segelverzicht, gezwungenermassen
Das Wochenende vor Auffahrt, wie wir sagen. Eigentlich sollte René jetzt auf der BonBini sein, vielleicht mit einem Freund, vielleicht am Segeln. Am Mittwoch sollte die BonBini mit René im Sixhaven sein, um mich nach ein paar Wochen Arbeit noch einmal für einige Tage an Bord zu nehmen. Wie herrlich ist es doch jedesmal in der Centraalstation Amsterdam abgeholt und auf die BonBini begleitet zu werden. Nur eine kurze Überfahrt mit der IJ-veer von ihr getrennt nach einem Flug von Zürich her.
Oh, ja, wirklich, nach einem Flug. Denn für ein paar Tage geht Zug nicht. Auch nicht, weil man da keinen Sitzplatz hat - für diese lange Reise! Und aller guten Dinge sind drei: Teurer ist die Bahnreise auch noch, als der Flug. Ach, beinahe vergessen: Und total unpünktlich. Bei der letzten Zugreise von Amsterdam nach Zürich verpasste ich am Ende den letzten Anschluss von Zürich nach Hause.
Nun gut, im Moment lässt Corona noch immer keine Vergnügungsreisen zu. Verwandtschaft und gute Freunde darf man mit einer Selbstdeklaration besuchen. Ist die BonBini eine Freundin? Gar ein Familienmitglied? Jedenfalls sehnen wir uns nach ihr.
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Mit dieser Deklaration käme man nach Deutschland - und von da nach dem IJsselmeer war ja nie ein Problem. |
Dann geh ich doch mal in Gedanken zum Sixhaven. Vielleicht spazieren wir von dort aus, ja zusätzlich mit der Fähre, ins Steakhouse zu Alex.
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Der Sixhaven heute Morgen |
Ja, träum weiter, hier vom Sofa aus. Diesmal wird nichts mit ein paar Tagen segeln über Auffahrt. Diesmal bleiben wir zuhause, brav, bis am 15. Juni 2020 die Grenzen definitiv aufgehen, wenn nicht Corona Lust auf eine zweite Infektions-Welle hat.
Und statt Grillgemüse mit Vegiburger oder Steak im Steakhouse gibt es ebenso geschätzte Hausmannskost im eigenen Zuhause. Ist schliesslich auch nicht zu verachten. Wir haben es wirklich schön zuhause.
Doch was für ein Genuss wäre es nach der langen Lock-down-Zeit wieder zu segeln, jetzt, da fast alle Häfen rund um IJsselmeer und Waddenzee für Passanten wieder offen stehen. Man darf nicht im Päckli liegen (stapeln niet toegestaan), die Sanitär-Gebäude sind noch geschlossen, aber man wäre auf dem Boot, am Segeln und am Lieblingsorte Besuchen!
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BonBini mit Wächter Rambo. |
Wie gut geht es doch unserer BonBini in ihrem verlängerten Winterlager! Schön, sie so bestens versorgt zu wissen. Hoffentlich bis bald! Und: lieben Dank für diesen hoch willkommenen Foto-Gruss.
Alternativ-Segeln
Was für ein Glück, dass wir noch unseren kleinen Bus haben. Jetzt, da unsere Spitäler nicht überlastet sind durch Corona, wagt man sich auf die Strasse. Alle dürfen wieder aus dem Haus, um einzukaufen. Auch Sport draussen zu treiben, ist erlaubt.
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Der Fluss führt wenig Wasser. |
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Warten, bis die Fotos gemacht sind. |
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Alles blüht. |
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Kiesinseln laden zum Picknick und Spielen. |
Wer parkt nach unserer Fahrrad-Tour entlang der Töss mit ihrem Hund fast neben uns? Remo mit Denise und Mayla! Wir wollten direkt auf einander zugehen, um uns herzlichst zu begrüssen. Stopp! Corona! Abstand! Ja, es geht auch so.
Abends rennt uns ein Mädchen hinterher: Ob wir ein Telefon hätten. Sie sei plötzlich allein in ihrem Camper und wisse nicht, wo ihre Familie sei. Sie habe geschlafen. Ganz schön mutig, dass das Mädchen es wagt, Fremde dafür anzusprechen. So finden wir jedenfalls ihre Familie, die auf einer Kiesinsel sozusagen direkt beim Platz Kaulquappen beobachtet. Und wir setzen unseren Spaziergang fort bis zu den Staustufen mit ihrem tiefen Becken darunter.
Herrlich! Das schätzt man doch noch vielmehr, nachdem Corona-mässig insgesamt 10 Wochen gefordert war, möglichst zuhause zu bleiben, wenn man nicht unbedingt etwas erledigen müsse oder Sport treibe. Unbeschreiblich, dieses Gefühl, die Natur wieder zu erleben, einkehren zu dürfen. Es lässt einen, nicht nur auf dem Fahrrad, über den Boden schweben, man fühlt sich nicht nur erleichtert, sondern buchstäblich federleicht. Man könnte die Welt umarmen.
In den Gartenrestaurants sind diejenigen Stellen markiert, auf welchen Tische stehen dürfen, damit die Besucher ihren 2-Meter-Abstand einhalten können. Alles wird sofort desinfiziert, nachdem der Tisch wieder frei geworden ist.
Das Schwimmbecken ist herrlichst zu beschwimmen. Tief und breit genug für ein gewöhnliches Freibad. Doch nur noch das Rauschen des vielleicht zwei Meter hohen und zweistufigen Wasserfalls, der im Moment nicht sehr viel Wasser führt, dringt an die Ohren, kein Geräusch der Zivilisation.
Vom Grundwasser wird Vorrat für die Wasserversorgung abgezogen, was das Kiesbett tags darauf stückweise ganz trocken legt. Früher sei das oft der Fall gewesen, was für die Fuhrleute praktisch war, denn sie benutzten das Flussbett als Strasse, um ihre Waren leichter transportieren zu können.
Die gefährlichen Wirbel im Schwimmbecken würde man am weissen Wasser erkennen, welches erst entsteht, wenn der Fluss wirklich viel Wasser führt.
Weil wir an der Auffahrt ein Auswärts-Mittag-Essen geniessen, kommt der mitgeführte Tischgrill abends nicht mehr zum Zug. Aber ein schönes Glas Wein auf der Parkbank schliesst den Tag wunderbar ab.
Tags darauf lockt das Schwimmbecken und ich habe den ganzen Fluss für mich. Anschliessend gibts eine erfrischende Dusche am Heck des Busses.
Selbstverständlich soll es heute einen Platz weiter gehen, denn es sollen ja möglichst viele von diesen 24-h-Parkplätzen profitieren können. Das Busdach aber ist damit nicht einverstanden, es will nicht schon wieder leisten, nachdem es erst am Abend zuvor hochgestellt worden ist.
Nun kommt der Lohn der gestrigen kleinen Hilfestellung. Erich (so stellt er sich später vor) hilft dem Skipper, erstens mit Werkzeug und zweitens, der Sache auf den Grund zu gehen. Mit Schraubenzieher und Gummihammer löst er das Problem, sodass wir nach netten Gesprächen mit der ganzen Familie (aus Bennau mit ihrem Camper, den sie an Auffahrt zum ersten Mal dies Jahr ausführen). Vater Erich, Mutter Evelyn, die beiden mitreisenden Töchter und eine bei Oma gebliebene.
Nachdem wir unsere Sachen in der Landi und in der Apotheke erworben haben, treffen wir sie auf unserem Weg zum neuen Platz wieder an, erkennen sie aber zu spät. Wir können nur noch aus dem Fenster winken und hoffen, sie hätten uns gesehen.
Eigentlich suchen wir einen Platz im Gebirge, wofür wir aber schon zu spät am Tag sind. Deshalb geht es wieder ins Tal zum zweiten Langzeitparkplatz direkt am Fluss. Diesmal fahren wir mit den Fahrrädern in die Gegenrichtung flussaufwärts an meinem ehemaligen Tierarzt vorbei. Die Häuser und auch die Umgebung sehen noch genau gleich aus, wie ich sie 1996 verlassen habe, weil ich direkt auf dem Hügel hinter meinem Wohnort einen Tierarzt hatte. Nur die Umgebung ist sehr überbaut worden. Die Strasse hört nicht mehr direkt hinter diesen drei Häusern auf. Das nahe Hallenbad hat natürlich noch geschlossen.
Von der heutigen ersten Gartenbeiz aus blicken wir direkt auf Skippers Lieblings-Metzg, als er noch in der Umgebung gelebt hatte.
Später, im Café des Campingplatzes, erfahren wir, was sich der Fluss, aber auch die Camper in den vergangenen 50 Jahren so geleistet haben.
Heute aber essen wir auswärts nichts, damit wir das Grillen beim Bus diesmal wirklich durchführen und geniessen können. Phantastisch.

Zum Dessert gehts direkt ins Flussbett auf bequem sitzmässig richtig geschliffene Felsbrocken. Auch hier fast nur das Rauschen des Flusses im Ohr. Ein bisschen philosophieren, Hoffnung pflegen auf das Öffnen der Grenzen für den Sommer bringt uns in die richtige Bettschwere. Diese Nacht ist nicht so dunkel, wie die vorhergehende, welche absolut war. Auch das haben wir lange nicht mehr erlebt, wie es sein kann, wenn wirklich nirgends irgend eine Lampe oder ein Lämpchen brennt.
Heute Morgen gehts nicht barfuss, sondern per Velo zur Schwimmstelle, flussabwärts. Erneut habe ich das Bad für mich allein und kann meinen Kilometer schwimmen. Buchstäblich be-rauscht klettere ich taumelnd an Land und geniesse nach dem "Heim"kommen eine ausführliche Heckdusche, bevor wir die Strasse nach Hause unter die Autoräder nehmen.
Vor lauter Sucht gehts mit dem Mittagessen direkt auf den Balkon. Doch plötzlich löscht die grosse Lampe, welche uns gerade noch geröstet hat, ab, etwas knallt, eine Windbö streicht durch den Innenhof und die Sturmwarnung wird aktiviert. Der Starkregen mit Gewitter ist da. Ist das nicht ein schöner Reieseabschluss?
Etwas später erfahren wir wegen unseres Status' auf dem Handy, dass wir an Martin und Doris vorbeigefahren sind an Auffahrt. Sie hätten keine Zeit gehabt, umzukehren, als sie uns erkannt hatten, weil sie noch aufs Hörnli wollten. Erneut: Aller guten Dinge sind drei. Das nette Treffen auf dem Parkplatz, die gegenseitige Hilfestellung der Camper, das (nicht bemerkte) Treffen am Fluss.
Was für eine Himmelfahrt!