Dieser Beitrag spielt Ende Juli 2024
Marielle und Neues in Muiderzand
In der Oranjesluis ist heute, Samstag, die ehemalige Untermosen-Kollegin nicht präsent. Schade!
Die Buiten-IJ bietet neben IJburg, dem neuen Amsterdamer Quartier auf sieben neu angelegten Inseln weitere Überraschungen. Immer wieder sind die gelben Tonnen in der Gegend Durgerdam und Fort Pampus an anderen Orten zu finden. Aktuell in den Berichtigungen findet man vor allem, dass jene eben vorhanden sind. Sucht man aber im Internet nach diesen Tonnen, findet man schon eine Erklärung.
Die Bevölkerung wächst. Irgendwo muss man sie unterbringen. In der Schweiz geht das noch senkrecht in die Höhe, da vor allem die Berge nicht mehr die frühere Sicherheit bieten, sondern mit Murgängen und Rutschungen ganze Dörfer bedrohen, welche teils evakuiert werden müssen. Das bedeutet auch, dass neuer Wohnraum als Ersatz für Bestehenden erstellt werden muss, nicht nur für die jährlich um rund 74'000 Menschen (ohne Flüchtlinge, die noch hinzu kommen) wachsende Bevölkerung. Aktuell leben in der Schweiz 9,5 Mio Menschen. Hier gibt es kein Land zu gewinnen oder höchstens auf Kosten der Trinkwasserversorgung und von Ackerland, die beide nebenbei auch immer mehr Menschen versorgen müssen. Vor 80 Jahren wurden Wiesen, Gärten und Parks zu Äckern umgepflügt, damit wenigstens Kartoffeln für damals rund 4 Mio Einwohner angepflanzt werden könnten. Leider reichte das auch nicht, sodass dem Kartoffelbrot Eichelmehl beigemischt werden musste, damit wenigstens der Bauch voll wurde.
Nicht so in Holland! Hier wird neues Land generiert. Früher polderte man Meeresgebiete ein, indem man Deiche aufschüttete und das dahinter liegende Land entwässerte sowie aufforstete. Auf Poldern liegt also das neue Wohn- und Ackerbaugebiet unter dem Meeresspiegel, wird aber durch Dämme vor Überflutung geschützt. Doch neues Land heutzutage schüttet man auf. In der Buiten-IJ östlich von Amsterdam liegt wie gesagt das ziemlich neue IJ-Burg. Dies reicht bei weitem nicht. Nun schüttet man "Strandeiland" auf. Dies ist angehängt an IJ-Burg, und gleichzeitig viel grösser. Die Infrastruktur hält mit. Strassen, Eisenbahn, Wasserver- und Entsorgung, Strom sind in genügender Menge vorhanden und werden mit dem Aufschütten schon berücksichtigt in der Planung. Hut ab.
Nun gut, heute lassen wir IJburg, Strandeiland und Fort Pampus an Steuerbord liegen und setzen Kurs nach Muiderzand. In diesem Hafen sahen wir unsere BonBini zum ersten Mal und verliebten uns sofort in sie. Es war wirklich praktisch, hier einen Liegeplatz zu haben, der auch für Wochen-Törns erreichbar blieb, solange wir noch nicht pensioniert waren.
Wir fahren im Hafen direkt durch zur Fakälienabsaug- und Tank-Stelle. Vor dem Bug haben wir das Hafencafé Harbour-House, das in unseren Anfangszeiten noch "Voor-Pampus" hiess, in Anspielung auf das Liegen der Handelsschiffe in der Gegend des Forts Pampus. Hier warteten die Besatzungen mit ihren Schiffen auf einen Platz in Amsterdam, den sie mit dem auflaufenden Wasser der damaligen Zuiderzee erreichen würden. Um sich die Zeit zu verkürzen und sich zu belohnen, weil bis dahin die Fahrt gut gegangen war, liess es sich die Besatzung mit Genever so gut gehen, bis sie betrunken "voor Pampus" lag.
In den ersten Jahren führte die Fahrt mit dem Auto zum Hafen noch durch Wald und Dünen. Überall standen riesige Säcke voll mit Sand rechts und links der teilweise geteerten Strasse. Jedes Mal, wenn wir ankamen, mussten wir uns den Weg neu suchen, als ob Unwetter die Landschaft verändert hätten. Nun stehen Hochhäuser fast bis an den Hafen hin. Das Quartier heisst nicht mehr Muiderzand, sondern Almere Duin. Es gibt keinen Supermarkt mehr im Hafen, der uns über Jahre hin mit den notwendigen Lebensmitteln und Haushaltwaren versorgt hatte. Sogar eine Bibliothek in der Telefonzelle sorgte damals für Abwechslung im Hafenleben. Der Segelmacher scheint weg zu sein. Harry Verbeek sorgt nicht mehr für den Service an den Booten. Nur etwas ist geblieben (neben dem Shipchandler Kniest). Oder besser: Jemand!
Vom Hafenbüro erhalten wir Box C-21 zugewiesen, sind noch im System mit der BonBini. Nach dem Festmachen ist ein Ankertrunk verdient (voor-Pampus, grins!), wofür wir zum Harbour House schlendern. Plötzlich ruft uns jemand aus dem Werftgebäude zu, eine Frauenstimme, mit welcher tatsächlich eine blonde Frau freudig auf uns zuschnellt. Marielle residiert in ihrem neuen Büro. Ist das ein tolles Wiedersehen! Dass Marielle uns soviele Jahre nach dem BonBini-Erwerb noch kennt! Es ist doch auch auch eine ganze Anzahl Jahre her, seit wir unser Boot nach einem Hafen verholt haben, in dem eine Halle für den Winter bereit steht. Marielle hat zusammen mit Stephan ihr Makler-Büro ausgeweitet und vermittelt immer wieder zuverlässig Boote aus zweiter Hand, die vor dem Verkauf noch einmal durch den ANWB genauestens bewertet werden, der zu reparierende oder zu ersetzende Teile in einem Bericht festhält, sodass man nicht die Katze im Sack kauft. Alles Gute, Marielle und Stephan.
Im Harbourhouse gibt es nicht nur einen kühlen Anlegedrink, sondern auch gleich noch ein schmackhaftes Abendessen mit Blick auf den Hafen.
Macht ihrem Namen alle Ehre: die Leuchtturm-Insel (Vuurtoreneiland), vis-à-vis vom neuen Strandeiland. |
Links die Inseln von Amsterdams Vorort IJburg, beige und gross das neue Quartier Strandeiland. |
Offenbar hätte man das schon lange wissen können. Man solle gut auf die gelben Bojen achten, die für den Bauunternehmer das Arbeitsgebiet markieren. |
Stehen gut, die Tücher. |
Nebst dem Harbour-House liegen auch Muiderzands drei allererste Wohnhäuser vor unserem Bug. Das Wahrzeichen unseres damaligen "Heimathafens". |
Kurzer Törn. Strandeiland noch weiss. |
Nach dem Tanken und Abpumpen am Liegeplatz. |
Lanzett-Kratzdistel. Ob die obige Gänsedistel nicht kratzt? |
Nein, nicht im Süden der Alpen. Trotzdem: Echte Feige. |
An mehreren Stellen wird der Hafen belüftet. |
Jetzt kauft man im Quartier ein, nicht mehr im Hafen. |
Beeindruckend, das nähergerückte Wohnquartier. |
Keine drei vertraute Wohntürme mehr als Orientierung im Kielwasser. |
Tschüss Muiderzand und Marielle!