Verschiedene Optionen stehen offen, nachdem wir ausgelaufen
und nach fast drei Monaten wieder in der Nordsee sind. Wir haben Wind aus Süd
bis Südwest. Kreuzen nach Hvide Sande, lange Strecke nach Helgoland: kreuzen.
Noch längere Strecke nach Vlieland. Ist es möglich?
Eigentlich möchten wir unseren lieben Freund Klaus von der Nefertiti noch einmal
treffen. Das wäre am ehesten auf Helgoland möglich.
Erst segelt es sich ganz angenehm. Sogar der Strom ist hier
noch immer mit uns, wie schon mindestens seit Hals im Limfjord. Es gäbe
Gezeiten. Man sollte bei auflaufendem Wasser anderen Strom merken, als bei
ablaufendem. In Thyborön beträgt der Tidenhub um die 50 Zentimeter. Kaum mehr,
als in der Ostsee, keine Schwimmstege nötig.
Ein Grossfischer mit Schleppnetz hat seinen Platz vor
unserem Bug verlassen, wobei sich einige Basstölpel mit vollem Magen aus
dem Wasser erheben. In Helgoland haben sie um diese Zeit noch Junge in unterschiedlichen
Entwicklungsstadien, die man an ihrer Farbe erkennt.
Nach zwei Stunden sind wir mit Kurs 250 Grad hoch am Wind schön direkt
nach Westen gekommen. Abdrift. Wind, Wellen und unser Kiel machen Spezielles
mit uns. Wir segeln wie Entchen: der Bug zeigt auf 250°, aber wir machen unseren
Weg quer durchs Wasser in 270°. Wenn wir jetzt wendeten, läge Thyborön wieder an als
Ziel.
Irgendwann ist es genug. Wir
testen den tatsächlichen Kurs, der nach einer Wende anliegt. Der Wind ist eigentlich
nicht besonders stark. Im Maximum sechs Beaufort. Aber die Wellen! Eineinhalb
bis zwei Meter hoch. Oft fliessen sie schön unter uns durch, doch ebenfalls
sehr oft, eigentlich zu oft, knallt die BonBini vom Wellenkamm auf die Sohle
des Wellentals. Damit büssen wir neben der Höhe auch massiv an Geschwindigkeit
ein. Es ist kaum anzuhören, wie das in allen Schotts des Bootes knarzt und
kracht. Keines unserer Ziele rückt auf diese Weise in vernünftige Nähe. Aber Thorsminde läge
genau an.
Genua verkleinern (Gross ist schon gerefft), und mit
reduzierter Geschwindigkeit läuft es sich schon fast wieder gemütlich mit wenig Krängung und weniger Knallen. Thorsminde hat einen langgereckten Fischereihafen mit vielen Auktionshallen
(die heutzutage fast alle als Verkaufs- und Clublokale Verwendung finden).
Dahinter liegt ein See, der regelmässig durch eine Abschlussschleuse gespült
wird. Der Revierführer empfiehlt, eine halbe Stunde vor dem Einlaufen mit dem
Hafen Kontakt aufzunehmen. Erstens wegen der Spülungen, zweitens wegen der
Gezeit. Die Kanäle sind notiert. Also beginnt man mit dem ersten. 16 ist auch
der Notrufkanal. Eigentlich wäre der seit 2005 nicht mehr dafür gedacht, aber
alle benützen ihn weiterhin für Not-, Sicherheits- und Navigationsrufe. Keine
Antwort. 13? 12? Dasselbe. Nach dem zweiten Kanal-16-Ruf weist Lyngby-Radio darauf hin, dass der Hafen auf
Kanal 13 gerufen werden müsse. Nachdem der Skipper schliesslich das Funkgerät
auf seine höchste Stärke eingestellt hat, die sonst nur für Kanal 16 automatisch gilt, meldet sich endlich der Hafenmeister Hafen Thorsminde („Haun Doursmindi“).
Nein, es sei kein Problem, man könne den Hafen jederzeit anlaufen. Er werde
dafür sorgen, dass die Schleuse ihr Spülen einstelle. Also los und rein.
Verwinkelte Fahrwasser führen zu den Stegen, die nicht
wirklich für Freizeitboote geeignet sind. Ein französischer Alusegler und ein
Niederländer haben es längsseits gewagt. Wir auch. Perfekt. Zwei Fischer nehmen
die Achterleine an. Als diese fest ist, brauchen wir nur zu warten, bis der
Bug unter Motor ebenfalls soweit in die Nähe des Steges kommt, dass die Leine
dem zweiten Fischer angegeben werden kann. Die beiden sind mit dem Auto über den Steg zu ihrem Fischkutter gelangt. Die Pfosten sind gut gestellt. Mit zwei
Fendern in ihrer Länge an der Reling befestigt und dank den Springs bleiben wir genau auf der
richtigen Breite, um nicht unter den Steg zu rutschen und die Reling zu
beschädigen. Wir beobachten die Tide von Niedrig- bis Hochwasser und vertrauen
dann der Leinenlänge.
Der Wind tost weiter, die Brandung nimmt zu und wir liegen
ganz ruhig längsseits am Fischersteg.
Nicht einmal die Fischer laufen von Thorsminde aus heute.
Doch Möwen und Seeschwalben geniessen diesen Wind und segeln über der Düne durch die Lüfte,
während die Kormorane etwas mehr Schwierigkeiten haben, ihren Kurs beizubehalten.
Wie die BonBini.
Abends sitzt unsere Sturmmöwe von Christiansömit ihren grünen Beinen auf dem Bug-Stegpfosten, um zu erfahren, wie es uns seither
ergangen sei. Sie kann auch nicht gleiten, sondern muss immer flattern, um in
der Luft zu bleiben und ihr Ziel zu erreichen.
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