Donnerstag, 3. August 2017

Montag, 31. Juli: Hoch am Wind

Verschiedene Optionen stehen offen, nachdem wir ausgelaufen und nach fast drei Monaten wieder in der Nordsee sind. Wir haben Wind aus Süd bis Südwest. Kreuzen nach Hvide Sande, lange Strecke nach Helgoland: kreuzen. Noch längere Strecke nach Vlieland. Ist es möglich?

Eigentlich möchten wir unseren lieben Freund Klaus von der Nefertiti noch einmal treffen. Das wäre am ehesten auf Helgoland möglich.

Erst segelt es sich ganz angenehm. Sogar der Strom ist hier noch immer mit uns, wie schon mindestens seit Hals im Limfjord. Es gäbe Gezeiten. Man sollte bei auflaufendem Wasser anderen Strom merken, als bei ablaufendem. In Thyborön beträgt der Tidenhub um die 50 Zentimeter. Kaum mehr, als in der Ostsee, keine Schwimmstege nötig.

Ein Grossfischer mit Schleppnetz hat seinen Platz vor unserem Bug verlassen, wobei sich einige Basstölpel mit vollem Magen aus dem Wasser erheben. In Helgoland haben sie um diese Zeit noch Junge in unterschiedlichen Entwicklungsstadien, die man an ihrer Farbe erkennt.

Nach zwei Stunden sind wir mit Kurs 250 Grad hoch am Wind schön direkt nach Westen gekommen. Abdrift. Wind, Wellen und unser Kiel machen Spezielles mit uns. Wir segeln wie Entchen: der Bug zeigt auf 250°, aber wir machen unseren Weg quer durchs Wasser in 270°. Wenn wir jetzt wendeten, läge Thyborön wieder an als Ziel. 

Irgendwann ist es genug. Wir  testen den tatsächlichen Kurs, der nach einer Wende anliegt. Der Wind ist eigentlich nicht besonders stark. Im Maximum sechs Beaufort. Aber die Wellen! Eineinhalb bis zwei Meter hoch. Oft fliessen sie schön unter uns durch, doch ebenfalls sehr oft, eigentlich zu oft, knallt die BonBini vom Wellenkamm auf die Sohle des Wellentals. Damit büssen wir neben der Höhe auch massiv an Geschwindigkeit ein. Es ist kaum anzuhören, wie das in allen Schotts des Bootes knarzt und kracht. Keines unserer Ziele rückt auf diese Weise in vernünftige Nähe. Aber Thorsminde läge genau an.

Genua verkleinern (Gross ist schon gerefft), und mit reduzierter Geschwindigkeit läuft es sich schon fast wieder gemütlich mit wenig Krängung und weniger Knallen. Thorsminde hat einen langgereckten Fischereihafen mit vielen Auktionshallen (die heutzutage fast alle als Verkaufs- und Clublokale Verwendung finden). Dahinter liegt ein See, der regelmässig durch eine Abschlussschleuse gespült wird. Der Revierführer empfiehlt, eine halbe Stunde vor dem Einlaufen mit dem Hafen Kontakt aufzunehmen. Erstens wegen der Spülungen, zweitens wegen der Gezeit. Die Kanäle sind notiert. Also beginnt man mit dem ersten. 16 ist auch der Notrufkanal. Eigentlich wäre der seit 2005 nicht mehr dafür gedacht, aber alle benützen ihn weiterhin für Not-, Sicherheits- und Navigationsrufe. Keine Antwort. 13? 12? Dasselbe. Nach dem zweiten Kanal-16-Ruf weist  Lyngby-Radio darauf hin, dass der Hafen auf Kanal 13 gerufen werden müsse. Nachdem der Skipper schliesslich das Funkgerät auf seine höchste Stärke eingestellt hat,  die sonst nur für Kanal 16 automatisch gilt, meldet sich endlich der Hafenmeister Hafen Thorsminde („Haun Doursmindi“). Nein, es sei kein Problem, man könne den Hafen jederzeit anlaufen. Er werde dafür sorgen, dass die Schleuse ihr Spülen einstelle. Also los und rein.

Verwinkelte Fahrwasser führen zu den Stegen, die nicht wirklich für Freizeitboote geeignet sind. Ein französischer Alusegler und ein Niederländer haben es längsseits gewagt. Wir auch. Perfekt. Zwei Fischer nehmen die Achterleine an. Als diese fest ist, brauchen wir nur zu warten, bis der Bug unter Motor ebenfalls soweit in die Nähe des Steges kommt, dass die Leine dem zweiten Fischer angegeben werden kann. Die beiden sind mit dem Auto über den Steg zu ihrem Fischkutter gelangt. Die Pfosten sind gut gestellt. Mit zwei Fendern in ihrer Länge an der Reling befestigt und dank den Springs bleiben wir genau auf der richtigen Breite, um nicht unter den Steg zu rutschen und die Reling zu beschädigen. Wir beobachten die Tide von Niedrig- bis Hochwasser und vertrauen dann der Leinenlänge.

Der Wind tost weiter, die Brandung nimmt zu und wir liegen ganz ruhig längsseits am Fischersteg.
Nicht einmal die Fischer laufen von Thorsminde aus heute. Doch Möwen und Seeschwalben geniessen diesen Wind und segeln über der Düne durch die Lüfte, während die Kormorane etwas mehr Schwierigkeiten haben, ihren Kurs beizubehalten. Wie die BonBini.


Abends sitzt unsere Sturmmöwe von Christiansömit ihren grünen Beinen auf dem Bug-Stegpfosten, um zu erfahren, wie es uns seither ergangen sei. Sie kann auch nicht gleiten, sondern muss immer flattern, um in der Luft zu bleiben und ihr Ziel zu erreichen.

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